Berlin. Die Freien Demokraten haben recht: Wenn sich Ausländer für dieses Land entscheiden, dann sollte das gefeiert werden. Und zwar überall.
Angesichts der Debatten über Asyl, Abschiebungen, Flüchtlinge und überlastete Kommunen gerät mitunter aus dem Blick, dass die Politik nicht allein vor der Aufgabe steht, die Migration nach Deutschland besser zu steuern. Sie muss das Land auch weiter öffnen für qualifizierte Zuwanderer aus dem Ausland, um den Wohlstand zu sichern. Im Koalitionsvertrag der Berliner Ampel-Parteien ist die Rede von einem migrationspolitischen Neuanfang, „der einem modernen Einwanderungsland gerecht wird“. Das klingt schon fast pathetisch.
Noch lässt die Gesetzgebung freilich auf sich warten. Die Reform des Fachkräfteeinwanderungsgesetzes befindet sich in der Ressortabstimmung. Auch eine Reform des Staatsbürgerschaftsrechts ist in Vorbereitung, wobei die FDP hier zuletzt auf die Bremse getreten hatte. Wer sich als Ausländer legal in Deutschland aufhält, soll leichter Deutscher werden können.
Migration: FDP schlägt Einbürgerungsfeiern vor
FDP-Fraktionsmanager Johannes Vogel hat sogar eine konkrete Idee, wie der letzte Schritt dabei in Zukunft vonstattengehen soll. Er sagt: „Ein modernes Einwanderungsland braucht flächendeckende Einbürgerungsfeiern samt verbindlichem Eid auf die Verfassung.“
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Man kann sich an dieser Stelle mal einen Moment zurücklehnen und der Fantasie freien Lauf lassen: Nach den Vorstellungen Vogels soll es also künftig überall im Land von Behörden veranstaltete Festakte geben, bei denen die Neubürger einen Eid auf das Grundgesetz schwören und anschließend ihre Einbürgerungsurkunde erhalten.
Einbürgerung: An die guten Feste erinnert man sich ein Leben lang
Feierlich gekleidete Menschen samt ihrer Angehörigen und Freunde, die einander gut gelaunt fotografieren. Ein bisschen so wie bei einer Hochzeit oder Taufe. Es kann Musik geben und eine Rede des Bürgermeisters, des Landrats oder gar eines Ministers.
Vielleicht findet das Ganze ja auch nicht in einem schnöden Konferenzsaal des örtlichen Rathauses statt, sondern vor beeindruckender Kulisse: Unter freiem Himmel auf dem schönsten Platz der Stadt zum Beispiel. Am Fuße der Alpen, am Ostseestrand, vor dem Berliner Reichstagsgebäude oder in der Frankfurter Paulskirche, der Wiege der deutschen Demokratie. Anschließend könnte es Musik geben und einen Empfang mit Büffet und Getränken. An die guten Feste erinnert man sich ein Leben lang.
Staatsangehörigkeitsrecht kennt keinen Eid auf die Verfassung
Klingt überzogen? Ist es aber nicht. Schon jetzt veranstalten viele Kommunen in Deutschland Einbürgerungsfeiern für neue Mitbürger. Ob sie das tun, obliegt allerdings ihnen selbst. Eine Verpflichtung dazu gibt es nicht. Das Staatsangehörigkeitsrecht kennt bislang auch keinen Eid auf die Verfassung, sondern nur ein „feierliches Bekenntnis“ zum Grundgesetz.
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Dieses muss man schriftlich und später noch einmal mündlich ablegen, wenn man sich die Einbürgerungsurkunde abholt. Das kann allerdings in irgendeinem sterilen Amtszimmer vonstattengehen. Dritter Stock links hinter der Glastür, neben der vertrockneten Zimmerpflanze.
Kann die Ampel Deutschland zu modernem Einwanderungsland machen?
Johannes Vogel hat also recht: Wenn sich ausländische Menschen für Deutschland entscheiden und dafür, Bürger dieses Landes zu werden, dann sollte das gebührend gefeiert werden. Und vielleicht ja sogar so, dass nicht nur die Betroffenen selbst, sondern auch die Alteingesessenen etwas davon haben. Jede einzelne Veranstaltung dieser Art könnte ein kleines Fest sein für das Land und seine freiheitliche Verfassung.
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Bevor die Party beginnt, muss die Berliner Koalition allerdings noch zeigen, dass sie tatsächlich in der Lage ist, Deutschland zu einem modernen Einwanderungsland zu machen. Da bleibt noch viel zu tun. Es ist zu früh, den Sekt kaltzustellen.
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