Ausstellung

Die Imad-Madonna erhält eine Sternenkrone

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Installation „La fin du temps“ mit der Imad-Madonna in Paderborn von Christoph Brech.

Installation „La fin du temps“ mit der Imad-Madonna in Paderborn von Christoph Brech.

Foto: onebreaker.de

Paderborn.  Der Künstler Christoph Brech konfrontiert die Schätze des Diözesanmuseums Paderborn mit zeitgenössischen Video-Installationen.

Eine Reise zu den Sternen ist das Sinnbild für Transzendenz schlechthin. Maria, die Himmelskönigin, ist der irdische Mensch, der an der himmlischen Herrlichkeit teilhaben kann. Im Diözesanmuseum Paderborn treffen sich jetzt mittelalterliche Visionen von Firmament und Ewigkeit mit zeitgenössischen naturwissenschaftlichen Beobachtungen, die künstlerisch transformiert werden. Der Künstler Christoph Brech lässt in der Ausstellung „More than Rome“ Fotografie und Videokunst in den Dialog mit den Schätzen des Hauses treten.

Älteste Thronende Madonna

Die größte Kostbarkeit des Museums ist die Imad-Madonna aus dem elften Jahrhundert, eine der ältesten abendländischen Darstellungen des Typs der Thronenden Madonna. Die 112 Zentimeter große Skulptur aus Lindenholz steht im Zentrum der Installation „La fin du temps“. Der Titel spielt auf den Offenbarungsengel des Johannes-Evangeliums an: „Es soll hinfort keine Zeit mehr sein, sondern in den Tagen, wenn der siebente Engel seine Stimme erheben und seine Posaune blasen wird, dann ist vollendet das Geheimnis Gottes.“

Die 1000 Jahre alte Madonna wird gekrönt, und zwar mit einem Video, das den Titel Sternenflug trägt und vom Hubble-Teleskop aufgenommen wurde. Das Marienleben wird weiterhin durch Leuchtkästen mit Bildern des abnehmenden und zunehmenden Mondes thematisiert, die unterschiedlichen Muttergottes-Darstellungen gegenüberstehen. Die Mondphasen rhythmisieren die Zeit, sie stehen für den pulsierenden Atem der Schöpfung.

Die Gegensatzpaare von Leben und Endlichkeit, Versehrtheit und Rekonstruktion stehen im Mittelpunkt von Christoph Brechs Auseinandersetzung mit den mittelalterlichen Skulpturen, Gemälden, Goldschmiedearbeiten und Grafiken aus der Sammlung des Museums. „Wir haben Christoph Brech eingeladen, das ganze Haus zu bespielen, weil wir gesehen haben, auf welche beeindruckende Weise seine zeitgenössischen Arbeiten neue Wahrnehmungsebenen für alte Kunst schaffen können“, so Prof. Dr. Christoph Stiegemann, der Direktor des Diözesanmuseums.

Zeitgenössische Verwandlungen

Immer wieder konfrontiert Stiegemann die Sammlung mit der Perspektive der zeitgenössischen Kunst. Die Verwandlungen, die so entstehen, liefern ganz neue Erkenntnisse für die vielschichtige Bedeutung der Kunstwerke. „Brech hat den Blick des Entdeckers, oft setzt er Unscheinbares oder Übersehenes mit starken und überraschenden Bildern in Szene.“

Stille ist ein zentrales Element im Schaffen des Münchners, der zu den wichtigen deutschen Videokünstlern gehört. Musik erhält ebenfalls einen hohen Stellenwert. Und so werden schwebende Engel und überlebensgroße Allegorien in der Arbeit „Monsalvat“ zu Bestandteilen einer Komposition aus Raum und Zeit, denn sie begegnen einem nächtlichen Schwanenballett, das bei eisiger Kälte von einer Berliner Brücke aus gefilmt wurde. Die Tiere bewegen sich langsam im noch nicht zugefrorenen Bereich des Wassers, das Licht der Stadt erhellt die tiefdunkle Szene mit goldenen Akzenten. Dazu erklingen Fragmente aus Wagners „Lohengrin“ und Straßenlärm.

18 Video-Installationen und 30 Fotoarbeiten treffen in der Ausstellung auf die Schätze des Museums. Dazu gehören auch Zeitreisen. So begibt sich Brech auf die Spuren jener iro-schottischen Wandermönche, die in der Merowingerzeit das Christentum auf dem europäischen Festland verbreiteten. In einer Museumsebene können die Besucher sich ganz konkret mit Vergänglichkeit und Erneuerung auseinandersetzen. Dort werden Grabungsfunde und Skulpturen-Fragmente öffentlich für die nächste große kulturhistorische Ausstellung in Paderborn gereinigt und konserviert. Sie steht unter dem Titel „Gotik – Der Paderborner Dom und die Baukultur um 1300“ und wird im September eröffnet.

Die Ausstellung ist bis zum 1. Juli 2018.
www.diözesanmuseum-paderborn.de

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