Abschlusstraining mit acht Spielern? Ist oft die Regel, nicht die Ausnahme. Weil alles andere wichtiger geworden sei, meint unser Kolumnist.
Vielerorts resümiert man gerade die Saison 2022/23. Vor allem der Kader steht dabei im Fokus. Was habe ich von Spieler X gesehen? Was für einen Eindruck hat er charakterlich hinterlassen? Möchte ich mit ihm in die Zukunft blicken?
Solche Fragen liegen in der Luft, während der Ball ruht. Dabei beschäftigt eine Sache viele Vereine: die Einstellung der Spieler. Denn die ist oft so mangelhaft, dass sich manche Verantwortliche keinen Rat mehr wissen. Das merke man vor allem beim Thema Trainingsbeteiligung, so der nie abschwellende Kanon. Training ist auf der Liste der Prioritäten für viele Kicker nicht mehr oben zu finden. Das wiederum liegt auch an den dünnen Kadern, sodass es kaum Konkurrenzkampf gibt. Viele wissen genau, dass ihr Platz in der Startelf trotz schwacher Trainingsbeteiligung nicht gefährdet ist.
Die Hochzeit des Cousins der Freundin
Und so kommt es eben, dass Testspiele in der Vorbereitung gegen Konzerte und Festivals keine Chance haben, beim Abschlusstraining der Cousin der Freundin Geburtstag hat oder es bei einer Hochzeit, trotz Meisterschaftsspiel am Folgetag, kein alkoholisches Limit mehr gibt. Die Frage ist dann doch immer: Was wäre, wenn das jeder machen würde?
Die Antwort darauf hat auch etwas mit Respekt gegenüber denen zu tun, die sich trotz bestem Freibadwetter die Fußballtasche packen. Das sind dann nämlich diejenigen, die ab der 70. Minute für einen mitlaufen (müssen). Anders gesagt: Wenn alles andere wichtiger geworden ist – warum spielt derjenige dann ausgerechnet Fußball? Einzelsportarten gibt es schließlich genug.
In der Kolumne „Pass in die Gasse“ befasst sich der freie Journalist Heiko Rothenpieler mit Entwicklungen in der Welt des „großen“ und „kleinen“ Fußballs.
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