Kultur

Tanz, Theater und Musik gegen Diskriminierung

| Lesedauer: 5 Minuten
Breite Basis: Gefördert wurde das Projekt durch das Märkische Gymnasium, die Schwelmer Realschule, das Ennepetaler Berufskolleg, die City Church Schwelm, die Propsteigemeinde St. Marien, den evangelischen Kirchenkreis, den Liberal-Islamischen Bund, die Diakonie Mark-Ruhr, die Integrationsagenturen NRW, die FEG Schwelm, der Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde und die türkisch-islamische Gemeinde. Foto:Luca Samlidis

Breite Basis: Gefördert wurde das Projekt durch das Märkische Gymnasium, die Schwelmer Realschule, das Ennepetaler Berufskolleg, die City Church Schwelm, die Propsteigemeinde St. Marien, den evangelischen Kirchenkreis, den Liberal-Islamischen Bund, die Diakonie Mark-Ruhr, die Integrationsagenturen NRW, die FEG Schwelm, der Evangelisch-freikirchlichen Gemeinde und die türkisch-islamische Gemeinde. Foto:Luca Samlidis

Schwelm/Gevelsberg.  Modellprojekt „Horizonte“: Für die Gefahren von Fanatismus sensibilisieren und das Miteinander fördern. Freitag Vorstellung in Gevelsberg

Das Ibach-Haus strahlte hell im Geist der Jugend, als rund 40 junge Schauspieler das beeindruckende Resultat aus einem halben Jahr intensiver Probe präsentierten: das Theaterstück „Horizonte“. Das von Gandhi Chahine und Dirk Schubert entwickelte Modellprojekt soll Kinder und Jugendliche für die Gefahren jeglichen Fanatismus´ sensibilisieren, den Dialog verschiedener Religionen fördern und Möglichkeiten eines „friedlichen Zusammenlebens der Religionen und Kulturen“ aufzeigen, wie Projektentwickler Dirk Schubert erklärt. „Wir wollen Jugendliche stark machen“, so der Organisator. Stärke bewiesen die Jugendlichen am Abend mit hohem Gänsehautpotenzial – nicht nur auf der Bühne. Auch Bürgermeisterin Gabriele Grollmann begrüßte und schaute sich das Gemeinschaftswerk an.

Dass Männer immer stark sein müssen, wagen die Mitwirkenden stark zu bezweifeln. In mehreren kurzen Vorträgen im Stil des „Poetry Slam“ wurden den Gästen zwischen den Theaterszenen der kostenlosen Veranstaltung Botschaften vermittelt, die mit lautstarker Zustimmung empfangen wurden. „Frauen und Männer sind in erster Linie eins: Menschen“, rief eine Schülerin mit fester Stimme in den Raum – auch ohne Mikrofonverstärkung reichte die Botschaft bis in die hinterste Ecke des Saals und hatte großen Applaus zufolge. Dass die Liebe nicht abhängig vom Geschlecht sei, war das Thema eines zweiten Vortrages. Auch ein Appell der Jugendlichen blieb nicht aus. „Haltung ist, seine Meinung zu sagen“ – und sich offen gegen Diskriminierung zu positionieren.

Den Gästen wurde nicht nur ein weitreichendes inhaltliches Spektrum geboten, auch die Art der Darstellung war besonders. Neben Vorträgen und Schauspielszenen wurde gesungen und getanzt – natürlich zu selbst geschriebenen Texten. Trotzdem sei es nicht einfach, vor 300 Gästen auf der Bühne zu stehen, wie berichtet wird. „Viele von uns sind total aufgeregt“, erzählt die 16-jährige Merle Lusch vor der Aufführung. Die Schülerin der Schwelmer Realschule zeigt sich „zufrieden, dass wir alles so kurzfristig geschafft haben“ – die Zeit mit der Gruppe habe alle einen großen Schritt weitergebracht.

Das rund 90-minütige Programm zeigte eindrucksvoll auf, mit welchen Problemen junge Menschen in der heutigen Zeit zu kämpfen haben. Ausgrenzung aufgrund von Sexualität, Herkunft oder Religion ist Alltag – und kann dazu führen, dass rechtsextreme oder salafistische Gruppen Jugendliche „ködern“, erklärt Dirk Schubert. „Das Bindeglied ist das Menschenbild und die Haltung“, so der Politikwissenschaftler weiter. Gegen „Rattenfänger auf beiden politischen Seiten“ müsse vorgegangen werden – und das funktioniere am besten, wenn möglichst viele Menschen direkter Teil des interkulturellen Austauschs sind. Insbesondere wenn sich Jugendliche oder Erwachsene „noch nicht so viele Gedanken darüber gemacht haben“ sei das bedeutend, um Konflikten vorzubeugen.

Jugendliche ernst nehmen

„Alle, die da sind, sind willkommen“, freut sich der Regisseur von „Horizonte“, Gandhi Chahine, auch über neue Mitwirkende aus den letzten sechs Wochen. Der Regisseur und Musiker möchte mit dem Projekt auch beweisen, dass Jugendliche aufblühen, sobald sie ernst genommen werden. Das Alter spiele dabei nur eine geringe Rolle. Es gehe darum „zu verstehen, dass diese Jugendlichen Erfahrungen und Vorstellungen mitbringen, die sehr wichtig sind“. Das Ziel hinter dem Gedanken ist für den Regisseur klar: auch nach dem Projekt soll sich etwas in der Region etablieren. Dankende Worte fand Chahine für die Stadt Schwelm, Schulen, weitere Unterstützer und insbesondere den Projektträger, die Ev. Kirchengemeinde Schwelm. Pfarrer Jürgen Schröder zeigt sich glücklich: „Das Projekt hat manche Leute in Schwelm an einen Tisch gebracht“.

Politische Bildung auf hohem Niveau und für jede Altersgruppe war ein großer Baustein der halbjährigen Probenphase des Projekts „Horizonte“. In von Experten getragenen Workshops beschäftigten sich die Mitwirkenden mit den Menschenbildern islamistischer und rechtsextremer Gruppen. Schnell wurde deutlich: das Projekt hat Potenzial und die Jugendlichen haben auch über die Monate hinaus Interesse. Noch Stunden nach der Premiere seien die „Smartphones durch die vielen Nachrichten nahezu explodiert“, so euphorisiert waren die Jugendlichen.

Am Tag nach der Aufführung traf sich rund die Hälfte der Mitwirkenden mit dem Team der Organisatoren, um das weitere Vorgehen in einem „Café der Verständigung“ zu besprechen. Wegen der großen Resonanz stehen nun weitere Auftritte im Raum, zum Beispiel in Schulen. Dafür werden nach den Osterferien regelmäßig Treffen in der Stadtbibliothek stattfinden. „Jetzt müssen die Schwelmer ran“, wünscht sich Projektentwickler Dirk Schubert.

Unklar ist, wie die weitere Finanzierung gesichert werden soll. Bisher hatte das Land NRW mit einem Anteil von 85 Prozent einen großen Kostenpunkt übernommen.

Noch einmal mindestens kommt „Horizonte“ zurück auf die Bühne: am heutigen Freitag, den 23. März startet die Vorstellung um 18.30 Uhr im Bürgerhaus Alte Johanneskirche (Uferstraße 3) in Gevelsberg. Der Eintritt ist frei. Darüber hinaus lässt Projektentwickler Dirk Schubert durchblicken: „Vielleicht machen wir bald was in Gevelsberg“. Es bleibt also spannend.

Mehr Artikel aus dieser Rubrik gibt's hier: Ennepetal / Gevelsberg / Schwelm