Livemusik

Soli-Konzert: Guildo Horn hat das Theater Hagen lieb

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Guildo Horn rockte das Theater Hagen.

Guildo Horn rockte das Theater Hagen.

Foto: Jürgen Pottebaum

Hagen.   Guildo Horn unterstützt mit einem Solidaritätskonzert sein Theater Hagen und serviert den Fans Schlager als Medizin gegen die Übel des Alltags.

Wunder gibt es immer wieder. Ein Geheimnis der deutschen Unterhaltungsbranche ist die tiefe Liebe, die Guildo Horn mit dem Theater Hagen verbindet. 2009 steht der Meister erstmals in dem Musical „Into the Woods“ auf der Bühne des kleinen westfälischen Hauses. Fast zehn Jahre und viele, viele Auftritte später entführt er mit „Theater unser“ sein Publikum auf eine intergalaktische Schlagerreise. Einmal via Mendocino nach Moskau und zurück, Bitteschön, während es die Besucher vor Begeisterung von den Sitzen reißt. Alle Künstler verzichten bei dem Solidaritätskonzert auf ihre Gagen; der komplette Erlös kommt der vom Sparzwang gebeutelten Bühne zu Gute.

Raffinierte Arrangements

Durch die Hornbrille gesehen ist der Schlager jener Kitt, den unsere Gesellschaft braucht, um ihre Probleme und Konflikte einfach mal weglieben zu können. Doch bei Dr. Horn ist Schlager mehr als Klatschmarsch und wedelnde Arme. Der 54-Jährige serviert seine Medizin in unglaublich raffinierten und kreativen Arrangements, wobei die „Orthopädischen Strümpfe“ als eine der besten und kreativsten Livebands auf dem Markt angesehen werden können.

Im tabakbraunen Kunstlederblazer betritt der Meister die Szene, die Haare rund um die Tonsur frisch geföhnt, ein kecker Griff an die Jackenknöpfe offenbart ein Oberhemd in einem unbeschreiblichen Grünton. Die Outfits, die Guildo für seine Schlagerreise aus der grauenvollsten Epoche der internationalen Modegeschichte wählt, sind schon die halbe Miete.

Beige Hose, Kapitänsjackett, rosa Hemd, und dazu „Er gehört zu mir“, virtuos auf Kuhglocken georgelt, die wiederum auf einem Bügelbrett platziert sind, mit einem schnellen Liegestütz dazwischen zum Aufwärmen. Der wild geblümte Bermuda-Anzug zu Heintjes „Mama“. Der schwarze Rüschenjumpsuit, der viel Brusthaar durchblitzen lässt. Das Boris-Becker-Gedächtnis-Outfit mit den kurzen weißen Tennishosen. Die wild-orange-braun gemusterte Schlaghose zum nackten Oberkörper. Diese Ästhetik kann dann nur noch der Bademantel zum abschließenden „Lalelu“ toppen.

Guildo Horn ist ein Live-Künstler, der alles gibt, der sich regelrecht in seine dreistündige Show hineinwirft, der weder sich noch seine Musiker auch nur das kleinste bisschen schont. Und der stets mit dem Publikum interagiert, das sich ebenfalls schön parat gemacht hat, mit Schlaghosen, Rüschenhemden aus Kunstfaser und Lichterketten.

Horn ist sehr gut darin, mit seinen Gästen in Kontakt zu kommen, und so dirigiert er bald Stehtänze und Gesangsübungen. 17 Jahr, blondes Haar, lalala. „Lasst los“, ruft Guildo, und 800 Kehlen intonieren leileilei, lululu. Das Dach des Theaters wackelt beim Rudelsingen, und Guildo jauchzt: „Hagen ist eine der schönsten Städte Deutschlands.“ Wer wollte ihm widersprechen.

Dein Freund, der Hai

Im Hintergrund sorgt ein Aquarium mit Plastikhai für den nötigen Biss in der Dekoration. Der Hai ist ein guter Freund. Er gehört zum Fundus des Theaters und darf bei Guildo immer mit auf die Bühne.

Herr Horn und seine Orthopädischen Strümpfe probieren gerne was aus. So gibt es jetzt abseits der Mega-Kracher wie „Griechischer Wein“ und „Tanze Samba mit mir“ auch eine Unplugged-Einlage mit Titeln von Grönemeyer, Wolfgang Petry und Andrea Berg. Da kann der ewige Strull endlich zum Kontrabass greifen und Musikdirektor Addi Mollig die Keyboards mit einem Tisch-Akkordeon vertauschen.

Der Kinder- und Jugendchor des Theaters tritt mit einer Umdichtung von „Another brick in the wall“ auf und bekennt, Superstar Opa Horn nicht zu kennen. Und Tillmann Schnieders entert in einem aberwitzigen Glitzeranzug die Bretter, um „Aber bitte mit Sahne“ zu röhren. „Wir sind hier für das Theater Hagen und ihr auch“, bekennt sich Guildo zu seinem Haus.

Es ist ja keine Verballhornung, die Guildo dem Best-of des deutschen Schlagers angedeihen lässt, sondern eher ein zärtliches Umfrisieren, das die musikalischen Stärken und Schwächen poliert. Und so sind Programme mit dem Meister eben genauso schrill wie zart, rockig wie melancholisch. Nur eins sind sie nicht. Langweilig.

Guildo Horn und die Orthopädischen Strümpfe rocken das Theater Hagen wieder am 14. und 15. Dezember bei der beliebten Weihnachtsshow. Es sind noch einige Karten verfügbar: 02331 / 2073218 oder im Internet: www.theaterhagen.de

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