Hagen. Regen im Überfluss sorgt dafür, dass viel Getreide nicht zum Backen genutzt werden kann. Was nun stattdessen mit der Ernte passiert:
„Nach der trockenen Witterung der letzten Jahre bescherte uns der Erntesommer 2023 Regen im Überfluss“, sagt Dirk Kalthaus. Je nach Fruchtart habe das Vor- und Nachteile gehabt. „Der Regensommer brachte uns viel Futter für unsere Tiere, aber kaum Brotgetreide“, blickt der Vorsitzende des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Ennepe-Ruhr/Hagen auf das Erntejahr 2023 zurück.
Nachdem die Gerste Anfang Juli bei schönem Wetter geerntet werden konnte, habe anschließend Dauerregen eingesetzt und keine Erntearbeiten zugelassen. Weizen, Triticale, Roggen und Hafer hätten aufgrund des Regens bis auf einige Ausnahmen nicht geerntet werden können und rund vier Wochen reif auf den Feldern gestanden, sagt der Landwirtevorsitzende Kalthaus.
Brotgetreide dient als Tierfutter
Das habe dazu geführt, dass Brotweizen und Brotroggen in den meisten Fällen in der Region stark reduzierte Backeigenschaften hätten, so dass daraus kein Brot gebacken werden könne, sondern es als Tierfutter diene oder – sollte auch das nicht mehr möglich sein – es energetisch in Biogasanlagen genutzt werde, zieht Kalthaus das diesjährige Ernteresümee.
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„Unsere Tierhaltung rettet aktuell einen großen Teil der Ernte“, sagt der Landwirt und erklärt: „Verbleibt das reife Korn wie in diesem Jahr zu lange bei feuchter Witterung auf dem Halm, keimt es dort und es setzen enzymatische Keimungsprozesse ein, was die Backeigenschaften reduziert.“ Brot und andere Backwaren aus diesem Getreide würden nicht mehr richtig aufgehen und wären unverkäuflich, sagt er.
Einbußen für die Landwirte
„Unseren Tieren, ob Rindern, Schweinen oder Hühnern dient es nun als Futter und kommt so über den Umweg des Tiermagens als Milch, Fleisch oder als Eier uns Menschen wieder zu Gute“, erläutert Kalthaus. „Hätten wir unsere Tiere nicht, gäbe es in diesem Jahr keine sinnvolle Verwertung für die meisten Getreidepartien“, sagt er.
Das Getreide, das jedoch aufgrund des Dauerregens so stark in Mitleidenschaft gezogen worden sei, dass es auch nicht mehr als Tierfutter zu verwerten sei, würde nun in Biogasanlagen genutzt und in Strom und Wärme umgewandelt.
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Die Priorität sei zunächst die Verwertung für den Teller, also die menschliche Ernährung, dann für den Trog, also als Tierfutter und, sollte auch das nicht gehen, als letztens als nachwachsender Rohstoff für den Tank, erklärt Dirk Kalthaus die Verwertungsrangfolge. Jede reduzierte Verwendung sei für die Landwirte mit finanziellen Einbußen versehen, aber zumindest sei so das Getreide noch im Sinne der Kreislaufwirtschaft und Ressourceneffizienz sinnvoll nutzbar.
Wiesen, Weiden und Mais sind gut gewachsen
Leider habe es aber in der Region auch einige Felder gegeben, die gar nicht mehr geerntet werden konnten. „Das sind natürlich herbe Verluste,“ sagt Kalthaus. Die nasse Witterung habe aber auch seine positiven Seiten gehabt. „Wiesen und Weiden sowie Mais sind gut gewachsen, daher haben wir ausreichend Futter für unsere Tiere“, so der Landwirt und erklärt: „Grünland braucht Feuchtigkeit, und die hatten wir in diesem Frühjahr und Sommer“.
Die Landwirtsfamilien mit Rindern, Pferden und Schafen müssten sich in diesem Jahr im Vergleich zu den Dürrejahren keine Sorgen um das Futter machen. Gut sei der Regen auch für den Wald gewesen, der unter der Trockenheit der letzten Jahre stark gelitten habe.
Vorbei sei die Ernte mit dem Erntedankfest noch nicht, sagt Kalthaus und zeigt auf: „Aktuell werden noch Mais, Kartoffeln und verschiedene Gemüsearten geerntet. Viele Landwirtsfamilien haben auch noch einmal das Gras geschnitten.“ Mais habe sich aufgrund des ausreichenden Wassers gut entwickelt, für die Kartoffeln sei es hingegen größtenteils zu nass gewesen, pilzliche Erreger hätten ihnen zu schaffen gemacht. Erfreulich sei zudem auch, so Kalthaus, dass der aktuelle Spätsommer dem Mais und einem weiteren Wiesenschnitt gute Erntebedingungen beschere.
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