Die Wetteranerin Janina Peitz schreibt in ihrer neuen Grünschnabel-Kolumne über die Wildtiere in der Stadt – heute über Wildkaninchen.
Während wilde Nachbarn wie Marder, Füchse oder Ratten tendenziell nicht so gerne auf dem eigenen Grundstück gesehen werden, gibt es einen flauschigen Gesellen, der trotz seiner gestiegenen Population deutlich eher geduldet wird. Es handelt sich um das Wildkaninchen.
Die Stammform unseres langohrigen Haustieres gilt als geselliger Hoppelmann, den es überwiegend in der Dämmerung aus seinen unterirdischen Höhlen zieht. Die Familie des Wildkaninchens umfasst wenige Männchen und einige weibliche Tiere. Die Ranghöchsten sorgen sich um den Schutz der Sippe und verteidigen ihr Territorium gegen Eindringlinge. Sie stellen sich auf ihre Hinterbeine, um ihr Revier besser überblicken zu können und klopfen zwecks Warnung der Anderen mit den Hinterbeinen auf den Boden. Wenn alles ruhig zu sein scheint, knabbern sie unermüdlich an Gräsern, Kräutern, Getreide und Mais, aber auch Rinde und jungen Blättern von Sträuchern.
Bis zu dreimal im Jahr Nachwuchs
Kaninchen können sich je nach Nahrungsvorkommen und Wohlfühlfaktor stark vermehren. Bis zu dreimal im Jahr können zwei bis sechs Jungtiere geboren werden. Zu ihren größten Feinden im städtischen Gebiet zählen herumstreunende Katzen und Marder. Im Gegensatz zum großen, athletisch wirkenden Feldhasen wirken Wildkaninchen etwas moppeliger. Sie haben kleinere Ohren, eine helle Bauchseite und weiße Schwanzunterseite. Letzteres lässt sie in der Dämmerung gut von weitem erkennen wenn sie, uns registriert, das Weite suchen.
Für den Bau ihrer viele Meter langen Erdtunnel mit Ein- und Ausgängen und Wohnkammern für gesellige Momente, bevorzugen sie trockene, sandige Böden. Oft sind sie an Bahndämmen, in Gärten und Parkanlagen oder Friedhöfen zu finden. Der Mix aus verschiedenen Grünflächen, Hecken und Verstecken macht unsere Städte für Wildkaninchen so attraktiv. In freier Wildbahn leben viele Tiere in einer Kolonie zusammen. Aber das Sozialeben des Tieres hat sich in der Stadt im Laufe der Zeit verändert.
Wie bei den Menschen gibt es auch unter den Kaninchen viele Singles und Alleinwohnende. In diesem Fall haben ihre kleineren Bauten auch weniger Ein- und Ausgänge. Ein Grund für die höher gewordene Anzahl der Singlewohnungen ist die Tatsache, dass es in der Stadt weniger natürliche Feinde gibt als auf dem Land. Darüber hinaus führen die im Vergleich wärmeren Temperaturen zu längeren Fortpflanzungszeiträumen und somit sind Wildkaninchen nicht mehr zwingend auf den Schutz einer großen Sippschaft angewiesen. Wenn die Anzahl der Kaninchen allerdings zu groß wird, können sie auch erhebliche Schäden in der Pflanzenwelt anrichten.
Kein Gift zum Vergrämen verwenden
Während sie auf öffentlichen Grünflächen fachmännisch durch Frettchen, Falken oder Bussarden vertrieben werden können, hat der Privatgärtner deutlich weniger Handlungsalternativen. Wichtig ist es jedoch, den Tieren nicht mit Giften zu begegnen. Es gibt eine Vielzahl von Vergrämungsmöglichkeiten, die allesamt auf die empfindliche Nase des Kaninchens abzielen. So sollen Tabascosose, Zwiebelblumen oder Lavendelöl den Tieren den eigenen Garten als unattraktive Stinkbombe verkaufen. Was allerdings das richtige Rezept angeht, gilt wohl auch hier „Probieren geht über Studieren“. Andernfalls kann es auch eine Freude sein, sich bei Dämmerung in den Gartenstuhl zu setzen und die quirligen Hoppelmänner zu beobachten. Nur füttern sollte man sie nicht. Sonst wird allzu schnell aus dem Beobachter ein von hundert Kaninchen Beobachteter.
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