Olpe. In Olpe entsteht ein Mehrgenerationenprojekt, das von der Planung bis zur Fertigung komplett digital ist - und nachhaltig.
Bis Mitte dieser Woche stand in der Erzbergerstraße in Olpe eine Ampelanlage. Wenn das Haus, das gerade hier in der Nummer 7 zusammengebaut wird, fertig ist, sieht es in seinen Grundzügen aus wie jedes andere auch in seiner Nachbarschaft. Ist nach stadtplanerischen Vorgaben angepasst an den Charakter der hier in der Nachkriegszeit organisch gewachsenen Wohnsiedlung. Indes steckt es voller Zukunft: Ein Mehrgenerationenprojekt von der Planung bis zur Fertigung komplett digital, die Bauweise ökologisch und nachhaltig mit dem Fokus auf massive Holzbauweise und rundum mit den Ideen von Menschen aus der Region verwirklicht. Kurzum ein Co-Living-Ökosystem mit Modellcharakter für umweltbewusstes und barrierefreies Bauen und Wohnen ‚made im Sauerland'.
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Bauherren des Projektes sind die Familien Kraft und Schönauer. Dieter Kraft (83), Tochter Claudia (57) und Ehemann Matthias Schönauer (61) sowie deren Sohn Tobias Schönauer (25). „Das alte Haus, das hier stand, war zwar von außen ansehnlich, aber in seiner Grundsubstanz marode. Mir gefällt es, bald mit drei Generationen unter einem Dach zu leben“, sagt Dieter Kraft. „Als wir an der Realisierung überlegt haben, sind wir auf das Roots in der Hamburger Hafencity gestoßen, das als höchstes Holzhaus Deutschlands von sich reden macht. Das hat uns inspiriert. Ein Kubikmeter Holz speichert eine Tonne CO2“, erklärt Matthias Schönauer. Und Tobias Schönauer sagt: „Intelligente Lösungen verbunden mit Nachhaltigkeit, das ist der richtige Weg in die Zukunft.“
Zunächst heißt das Schlüsselwort „Building Information Modeling“ (BIM). Und das beinhaltet auf Grundlage einer 3D-Gebäudemodellierung einen digitalen, integrativen und ganzheitlichen Ansatz mit Datendurchgängigkeit im Planungsprozess für alle Gewerke – von der Bauplanung und Kalkulation bis zur Bauausführung und dem Innenausbau. „Das ist optimaler Informationsaustausch zwischen allen Beteiligten, parallel, effizient und sicher in der Kommunikation“, so Matthias Schönauer, der von Berufswegen als Produktmanager „Digital Solutions“ unterwegs ist und auf „seiner Baustelle“ neben der Agentur seines Bruders, Schönauer²Architektur, die für die fachliche Planung und Gesamtbauleitung verantwortlich zeichnet, die Rolle des ‚digitalen Bauleiters‘ übernommen hat. „Das ist einfach genial. Zuhause am Computer den Bau aktiv mitzugestalten. Aufgrund der Maßgenauigkeit im Millimeterbereich werden alle Gewerke, wie beispielsweise auch die Fenster, zeitgleich gefertigt.“
Mit MightySpace hat Schönauer dann das Unternehmen gefunden, das seiner Inspiration durch Roots Rechnung trägt. MightySpace, das sind junge Menschen – Zimmermänner, Dachdecker, Kaufleute und Facharbeiter – aus dem hiesigen Raum, die sich Ende 2020 aufgemacht haben, um Modulbauweise in Massivholz zu verwirklichen. Das heißt, die einzelnen Module werden sämtlich vorgefertigt und schließlich nur noch zusammengesteckt. „Unser Ziel ist, in ein paar Jahren komplette Räume mit Heizung, Fußboden, Elektro- und Badinstallationen als Module zu fertigen“, sagt Jan Irrgang von MightySpace. „Der Schönauer Bau ist sozusagen ein Schritt auf unserer strategischen Road Map.“ Ein Beispiel: die Dämmung aus Holzweichfaser ist in der Vorfertigung angebracht.
Heimische nachwachsende Rohstoffe
Nun ist es nicht so, dass es BIM und Modulbau noch nicht gibt. „Das ist nichts Neues, muss aber noch in den Köpfen ankommen. Unser Fokus auf heimische nachwachsende Rohstoffe ist dabei unser Alleinstellungsmerkmal“, so Irrgang und spricht von den Möglichkeiten, die sich im Vergleich zu klimaschädlichen Baumaterialien, wie beispielsweise Beton, bieten. So speichert der Schönauer Bau insgesamt 200 Tonnen CO2 und rein statistisch gesehen wächst er in Deutschland in rund einer Minute nach. Zudem gibt es noch andere Vorteile: Da die Außenwände aus Holz dünner sind als Stein- oder Betonwände, gewinnt man an Raum. Rund acht Quadratmeter in jeder Etage. Ein weiteres Plus für die Zukunft in Sachen Wohnraumknappheit: Da Holz viel leichter ist als Beton, können Gebäude, die statisch nicht auf Aufbau ausgelegt sind, durch Holzbauweise aufgestockt werden.
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„Voraussetzung war, dass meine Familie offen für dieses Projekt ist. Und allein darauf sind wir stolz“, sagt Schönauer, der ebenso bei der Gebäudetechnik und dem Innenausbau auf ökologische und energieeffiziente Prinzipien setzt. Etwas mehr als ein halbes Jahr dauerte der digitale Planungsprozess, der Aufbau des Hauses dauerte kaum mehr als eine Woche. „Heute bauen mit Generationenverantwortung in all seinen Facetten, ressourcenschonend und nachhaltig und mit den Ideen junger Menschen aus unserer Region, das überzeugt.“
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