Jagdrecht

Emu in Olpe erschossen: Warum wurde er nicht betäubt?

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Emus, in Australien wild lebend, werden seit einigen Jahren auch in Deutschland gehalten, hier allerdings nicht als Nutztier, sondern zu Hobbyzwecken. Ein solcher Vogel war in Neuenkleusheim entkommen und wurde nach vergeblichen Einfangversuchen in Olpe erschossen.

Emus, in Australien wild lebend, werden seit einigen Jahren auch in Deutschland gehalten, hier allerdings nicht als Nutztier, sondern zu Hobbyzwecken. Ein solcher Vogel war in Neuenkleusheim entkommen und wurde nach vergeblichen Einfangversuchen in Olpe erschossen.

Foto: Jürgen Theobald (Symbolbild)

Olpe.  Ein Emu war aus seinem Gehege geflüchtet. Daraufhin hat ein Jäger das Tier in Olpe erschossen. Warum gab es keine Alternative zur Tötung?

Nicht nur in den sozialen Netzwerken überschlagen sich die Kommentare, seit bekannt ist, dass der am Montag in Neuenkleusheim entlaufene Emu in Olpe erschossen worden ist. Auch in der Leserschaft unserer Zeitung brennt vielen die Frage auf den Nägeln: Musste das sein? Warum konnte das fliehende Tier nicht betäubt werden? Viel Kritik prasselt via „Facebook“ und Co. auf Polizei und Jägerschaft ein – doch diese sind gar nicht verantwortlich.

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Die Ordnungshüter seien vor Ort nur kurzzeitig involviert gewesen, um den Verkehr vor Ort abzusichern bzw. die Straße zu sperren, da der Emu immer wieder auf die Straße gelaufen sei und somit eine potenzielle Gefahr für andere Verkehrsteilnehmer dargestellt habe, so Polizei-Pressesprecher Thorsten Scheen. „Stattdessen wurde das Tier von einer durch den Tierhalter beauftragten und berechtigten Person erlegt. Tatsächlich trägt in diesem Fall der Tierhalter zunächst selbst die Verantwortung für die – auch haftungsrechtlichen – Gefahren, welche von dem Emu ausgehen“, so Scheen. Außer der Gefährdung des Straßenverkehrs durch einen Unfall steckten im unkontrollierbaren Fluchtverhalten des Tieres weitere Gefahren. Emus könnten mit ihrem Schnabel und vor allem mit ihren scharfen Krallen erhebliche Verletzungen verursachen. Aus diesen Gründen habe sich der Tierhalter seiner Verantwortung gestellt und das Tier zum Abschuss freigegeben, nachdem er zunächst vergeblich versucht habe, den Emu einzufangen. „Zu den weiteren Beweg-/Hintergründen möchte der Tierhalter gegenüber der Presse jedoch keine weiteren Angaben machen“, so Thorsten Scheen.

Durch die Tatsache, dass der Emu nicht im Stadtgebiet, sondern erst in einem angrenzenden Waldstück erschossen worden sei, greife ein weiterer Aspekt erst gar nicht, der bei vielen Internet-Kommentaren eine Rolle spielt: das Schießen in sogenannten befriedeten Bereichen. Die Kreisverwaltung als Untere Jagdbehörde bestätigt, was Karl-Josef Fischer als Vorsitzender der Kreisjägerschaft „Kurköln“ ausführlich erklärt: Jägern ist die Jagdausübung nur dort erlaubt, wo Jagdrecht gilt – also in Wald und Flur. In bewohnten Gebieten – der Jurist spricht hier von „befriedeten Bereichen“ – ist der Einsatz der Schusswaffe für den Jäger erst einmal verboten. Fischer: „Ein Jäger darf von sich aus nicht einmal ein Wildschwein erlösen, wenn es verletzt in ein Dorf hineingelaufen ist.“

Das Erschießen fliehender Tiere ist allerdings auch nur das letzte Mittel der Wahl. Misslingt das Einfangen, steht die Betäubung als nächste Möglichkeit auf der Liste. Dazu hat die Polizei eine Liste derjenigen, die über die nötigen Sondergenehmigungen zum Führen eines Betäubungsgewehrs verfügen. Sie können einem Tier, egal ob Wild- oder Nutztier, auf Distanz eine Injektion verabreichen, die in Sekundenschnelle wirkt. Dass das am Dienstag in Olpe nicht geschehen ist, lag schlicht an der Tatsache, dass der Halter niemanden erreichte, der die zum Führen eines Betäubungsgewehrs nötige Sondererlaubnis besitzt und verfügbar war. Außer vielen Tierärzten verfügen auch manche Betreiber von Wildgattern über eine solche Erlaubnis und haben zudem die nötige „Hellabrunner Mischung“, das übliche Betäubungsmittel, im Schrank.

Ein weiterer Aspekt: Der durch die Fluchtsituation und den Stress aufgebrachte Vogel hätte in der akuten Situation gar nicht zuverlässig betäubt werden können, der Schuss mit der Betäubungsspritze hätte mit großer Wahrscheinlichkeit ebenfalls zum Tod des Tiers geführt.

Es ist nicht der erste Fall im Kreis Olpe: Im Jahr 2016 hatte sich ein ebenfalls aus Neuenkleusheim entlaufener Emu bei Kirchhundem wochenlang ein Katz-und-Maus-Spiel mit seinen Häschern geliefert. Mehrfach hatte er auf der Bundesstraße 55 für heikle Verkehrssituationen gesorgt, schließlich wurde er gefangen, nachdem er den Bahnverkehr auf der Ruhr-Sieg-Strecke kurzfristig zum Erliegen gebracht hatte. Allerdings starb der Vogel nach seiner „Festnahme“ an Stress und den Folgen seiner wochenlangen, entbehrungsreichen Flucht.

Emus sind Laufvögel ähnlich dem Strauß, mit diesem aber nicht verwandt. Wild leben sie nur in Australien, werden aber seit den 1990er-Jahren auf der ganzen Welt als Nutztiere oder zu Freizeitzwecken gezüchtet. Sie werden in großen, offenen Gehegen gehalten. Als Futter dient ihnen Getreide mit Grünfutter. Sie gelten als nicht aggressiv und sind daher auch häufig in Tierparks und Streichelzoos zu finden.

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