Grevenstein. Die Brauerei Veltins plant ihre eigene Energiewende. Sie will ein Windrad aufstellen und Solar installieren. Die Pläne sind weitreichend.
Die Brauerei Veltins in Meschede-Grevenstein wird mittelfristig weitere Investitionen in zweistelliger Millionenhöhe auf den Weg bringen. So steht es in ihrem Zukunftssicherungskonzept. Geplant ist ein weitreichender Umbau der Energieversorgung. „Wir wollen mit regenerativen Energien am Stammsitz Grevenstein Standort- und Arbeitsplatzsicherheit schaffen“, so Veltins-Generalbevollmächtigter Michael Huber.
Gespräche mit Grundstückseigentümern
Ohne eine Wende in der Energieversorgung des Traditionsbetriebs gehe es nicht, um die politisch gewollten Klimaziele zu erreichen. „Die Energiekrise hat unser Bewusstsein geschärft, die Zukunft selbst in die Hand zu nehmen und den Transformationsprozess hin zur öko-energetischen Versorgung zu beschreiten – wir setzen vorrangig auf Photovoltaik und Windkraft“, sagte Veltins-Generalbevollmächtigter Michael Huber am Ende eines neunmonatigen Planungsprozesses. Gegenwärtig sind die Gespräche für Windkraftanlagen mit Grundstückseigentümern angelaufen, erste Photovoltaikanlagen werden noch im Laufe des Jahres auf den Brauereidächern installiert.
Schon im Sommer letzten Jahres hatte sich Handlungsbedarf angekündigt. Eine „kopflose Bundesregierung“, so das Unternehmen, konnte über Monate keine Garantien für eine sichere Energieversorgung beibringen. Für die Brauerei Veltins ein unhaltbarer Zustand. In den zurückliegenden zehn Monaten arbeiteten alle Fachabteilungen mit Akribie an einem Zukunftssicherungskonzept für das Familienunternehmen, das heute 720 Menschen beschäftigt.
Zukunftserhalt der Brauerei
„Heute wissen wir, dass die Klimaziele der Bundesregierung und die Versorgungssicherheit der Brauerei nur über regenerative Energie zu erreichen sind“, so Michael Huber. „Wir räumen der Windkraft absolute Priorität ein, weil nur so ausreichende Strommengen in einem überschaubaren Zeithorizont zu beschaffen sind.“ Fest stehe, dass das ein Mammutprojekt sei, das längere Zeit in Anspruch nehme, aber für den Zukunftserhalt der Privatbrauerei am Stammsitz unabdingbar sei. Auf diese Weise sei das politisch gesteckte Ziel einer Klimaneutralität in Deutschland in Grevenstein erreichbar.
Nach Ansicht der Traditionsbrauerei ist der Wechsel von fossilen Brennstoffen auf Öko-Energie ein Gebot der politisch ausgerufenen Zeitenwende. „Der Staat hat seine Verantwortung für eine verlässliche Sicherstellung der energetischen Infrastruktur vernachlässigt – jetzt sind Mittelstandstugenden gefragt“, sagt der Veltins-Generalbevollmächtigte. „Wir sind schon immer Gestalter unseres Unternehmens und Mitgestalter unseres Marktes gewesen – und das soll auch so bleiben!“
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Die Brauerei Veltins sieht sich angesichts der enormen Herausforderungen wirtschaftlich in der glücklichen Lage, das Rad der Investitionen weiterzudrehen. Nachdem die bereits seit Jahren laufende Technologieoffensive 2024 abgeschlossen ist, werden alle Investitionen für den Transformationsprozess hin zur Öko-Energie gebündelt. Auf der einen Seite werde weiter daran gearbeitet, durch geringeren Energiebedarf die Ressourcenschonung voranzutreiben, auf der anderen Seite werden in einem Jahrzehnt alternative Energien zu 100 Prozent die bisherige Versorgung des Unternehmens ablösen.
Strom und Gas
Bereits seit zwei Jahrzehnten beschäftigt sich die Brauerei Veltins mit Technologien zur alternativen Energieversorgung. Oft fehlte der technologische Fortschritt oder die Wirtschaftlichkeit, manches Mal gab es keine politische Planungssicherheit für Alternativkonzepte. „Wir kennen unsere Brauerei und wissen, wo wir anfassen müssen“, resümiert Michael Huber den Kenntnisstand einer transparenten Brauerei. Man wisse auf die Kilowattstunde genau, wann und wo der Energiebedarf anstehe. Ein Drittel des heutigen Bedarfes wird durch Strom, zwei Drittel durch Gas gedeckt. Künftig wird der gesamte Energiebedarf durch regenerativ erzeugten Strom gedeckt werden müssen.
Nach den Planungen der Brauerei Veltins ist ein Entwicklungs- und Investitionszeitraum von zehn Jahren realistisch, um das Grevensteiner Unternehmen dem energetischen Zukunftsziel zuzuführen. In einem ersten Schritt führt die Brauerei bereits 2023 auf den Gebäuden der Sortierungsanlage auf der Streue den Betrieb einer Photovoltaik-Anlage ein. Als zweiter wesentlicher Schritt wird die Nutzung von Windkraft notwendig. Dazu sollen Windräder außerhalb des schützenswerten Wassereinzugsbereichs der Brauerei entstehen. Sie sind in der Lage, den gesamten Energiebedarf der Brauerei weitgehend abzusichern. Darüber hinaus ist geplant, das Dorf in die nutzenstiftende Windkraft vorteilhaft einzubeziehen. Michael Huber: „Wir wollen, dass auch das Dorf von der neuen Energie profitiert.“ Nach Einschätzung der Brauerei Veltins werden im Planungsverfahren zwei Jahre vergehen, ehe 2025 die projektierten Windkrafträder ihren Betrieb im weiten Abstand zur dörflichen Bebauung aufnehmen können. Damit werde das Zukunftssicherungskonzept der Brauerei Veltins auf solide Fundamente gestellt.
Kooperation aller Beteiligten
Um ein technisch sinnvolles und zukunftsträchtiges Konzept für die Windenergie zu realisieren, ist eine Kooperation von und mit anderen Grundstückseigentümern unabdingbar. In Grevenstein und den Nachbargemeinden sehen viele Einwohner die Technologie Windkraft chancenreich, wie erste Gespräche mit beteiligten Interessensgruppen ergeben haben. Die Brauerei sieht sich auf einem guten Weg und begrüßt die erkennbare Kooperationsbereitschaft aller Beteiligten.
Als dritter Schritt wird die Möglichkeit der Erzeugung von Biogas oder eines Biomassekraftwerks geprüft. Nach den Worten des Veltins-Generalbevollmächtigten wird man den Transformationsprozess in der Region mitgestalten. „Wir werden mit Augenmaß und über viele Stufen den Weg der weitreichenden regenerativen Energieversorgung beschreiten“, so Huber.
Richtung Klimaneutralität
Photovoltaik, Windenergie und Biogas stehen als funktionsfähige Zukunftsenergien derzeit im Mittelpunkt, doch die Brauerei ist offen für den technologischen Fortschritt, der angesichts der derzeitigen Krise deutlich beschleunigt und überdies noch wirtschaftlicher werden wird. So sind Nutzungsmöglichkeiten von Wasserstoff fernerhin durchaus denkbar. Ungeachtet dessen werde an kleinteiligen Anlagenlösungen gearbeitet, um einzelne Verbräuche innerhalb von Produktion und Logistik ressourcenschonend zu minimieren. Huber: „Es ist ein Jahrzehntprojekt. Damit gehen wir mit einem klaren Blick den richtigen Weg in Richtung Klimaneutralität.“
Bereits in der Vergangenheit waren Veltins-Investitionen in Ressourcenschonung nach Angaben der Brauerei sinnvoll und nachwirkend. Der Vollaustausch der Sudhaustechnik für 6,2 Millionen Euro sorgte dafür, dass die Brauerei heute über moderne Brautechnologie mit drei parallelen Sud-Linien zu verfügt.
Einsparungen im Sudhaus
Durch das EquiTherm-Energiespeichersystem wurde die Produktion auf Energieeffizienz getrimmt. Inzwischen konnte im Sudhaus eine Einsparung von 35 Prozent thermischer und 30 Prozent elektrischer Energie erreicht werden. Wurde vorher energetisch aufwändiger Frischdampf benötigt, heizen sich die Bottiche jetzt mit Warmwasser aus dem Speichersystem auf.
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