Siegen. Das Hans-Jonas-Zentrum ist aus Berlin nach Siegen gezogen. Das Werk des jüdischen Philosophen lockte nun viele Wissenschaftler in die Hochschule.
Wissenschaftler aus aller Welt haben an der Uni Siegen an einer internationalen Konferenz zu dem jüdischen Philosophen Hans Jonas teilgenommen. Die Hochschule präsentierte sich damit laut eigenen Angaben als größtes Zentrum der Hans-Jonas-Forschung in Deutschland. Seit 2014 ist die Uni Siegen Sitz des Hans-Jonas-Instituts. Auch das deutsche Hans-Jonas-Zentrum mitsamt der zugehörigen Bibliothek ist mittlerweile aus Berlin nach Siegen umgezogen. Die deutschsprachige Forschung zu Hans Jonas hat damit in Siegen ihr neues Zentrum gefunden.
Im Rahmen einer großen, internationalen Konferenz kamen jetzt Wissenschaftler nach Siegen, um gemeinsam das Werk des Philosophen zu diskutieren. Die Teilnehmer reisten unter anderem aus Japan und Brasilien an. „Eine solche Konferenz über Hans Jonas hat es bisher noch nicht gegeben – wir sind sehr froh, dass es sie jetzt gibt“, sagte Prof. Michael Bongardt vom Philosophischen Seminar der Uni in seiner Begrüßungsansprache. Gemeinsam mit seinen Siegener Kollegen Dr. Jürgen Nielsen-Sikora und Uni-Rektor Prof. Holger Burckhart engagiert er sich schon seit vielen Jahren in der Hans-Jonas-Forschung.
Schonender Umgang mit Ressourcen
Regelmäßig bieten die Wissenschaftler an der Uni Siegen Lehrveranstaltungen zum Werk des in Mönchengladbach geborenen und 1933 ausgewanderten Philosophen an. Einem breiten Publikum bekannt geworden ist Hans Jonas mit seinem Hauptwerk „Das Prinzip Verantwortung“, in dem er angesichts des technischen Fortschritts und zunehmenden Ressourcenverbrauchs die Verantwortung anmahnt, die Möglichkeit künftigen „echt menschlichen Lebens“ zu sichern. Auch die Leitidee der Uni Siegen, „Zukunft menschlich gestalten“, geht auf die Philosophie von Hans Jonas zurück.
Im Rahmen der dreitägigen Hans Jonas-Konferenz gab es neben Keynote-Vorträgen auch zahlreiche Panels, in denen sich die Experten und Expertinnen über verschiedene Aspekte aus Leben und Werk des Philosophen austauschen konnten. Rund 70 Referenten nahmen aktiv an der Konferenz teil. „Auf der Basis der Ergebnisse möchten wir ein Handbuch zu Hans Jonas veröffentlichen“, erklärte Jürgen Nielsen-Sikora, der auch Vorsitzender des Hans Jonas-Zentrums ist. Ziel sei es, der deutschsprachigen Hans Jonas-Forschung neue Impulse zu verleihen. „Außerhalb Deutschlands gibt es eine viel lebendigere Forschung zu Jonas. Wir möchten, dass er auch hierzulande neue Beachtung findet, denn seine Ideen sind nach wie vor hochaktuell“, sagte Professor Bongardt.
Den Eröffnungsvortrag zur Hans- Jonas-Konferenz hielt Prof. Micha Brumlik, Erziehungswissenschaftler und Philosoph sowie einer der einflussreichsten jüdischen Intellektuellen der Gegenwart, heißt es weiter von Seiten der Hochschule.
„Gottesbegriff nach Auschwitz“
Thema des Vortrags war Jonas’ berühmte Rede mit dem Titel „Der Gottesbegriff nach Auschwitz. Eine jüdische Stimme“. Darin hatte sich Jonas mit der Frage auseinandergesetzt, warum ein Gott den Holocaust zulässt, wenn er doch die Macht besitzen müsste, solche Leiden zu verhindern. Jonas kam zu dem Schluss, dass Gott zwar gütig und liebend sei, jedoch nicht allmächtig – die Verantwortung für die Welt liegt ihm zufolge daher einzig in der Hand der Menschen.
Micha Brumlik erläuterte in seinem Vortrag die geschichtlichen und theologischen Hintergründe, die Hans Jonas zu seinem Gottesbegriff führten – und die daraus resultierenden gesellschaftlichen Konsequenzen. „Es ist mir eine große Ehre, zu einer so einmaligen Forschungsveranstaltung zu Hans Jonas eingeladen worden zu sein“, bedankte er sich bei den Organisatoren der Konferenz.
Dank gab es auch von dem langjährigen Hans-Jonas-Forscher und ehemaligen Vorsitzenden des Hans-Jonas-Zentrums, Professor Dietrich Böhler: „Ich freue mich, dass das Forschungszentrum und die Bibliothek an der Universität Siegen ein neues Zuhause gefunden haben und Jonas’ Lebenswerk hier weiter erforscht und für künftige Generationen erschlossen wird.“
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