Abschiebung

Abschiebehaft: Politik hinterfragt Fußfesseln

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Der in Bad Berleburg lebende Armenier Robert Muradyan hat dieses Foto mit seinem Handy gemacht. Sie zeigen ihn in Fußfesseln, nachdem er in der Ausländerbehörde in Siegen festgenommen worden ist.

Der in Bad Berleburg lebende Armenier Robert Muradyan hat dieses Foto mit seinem Handy gemacht. Sie zeigen ihn in Fußfesseln, nachdem er in der Ausländerbehörde in Siegen festgenommen worden ist.

Foto: Robert Muradyan / WP

Siegen-Wittgenstein/Bad Berleburg.  Fußfesseln, die in der Ausländerbehörde des Kreises Siegen-Wittgenstein bei der Verhaftung angelegt werden, werden zum Politikum.

Der Fall von Robert Muradyan aus Bad Berleburg, der Ende März dieses Jahres bei einem Termin in der Siegener Ausländerbehörde festgenommen wurde – ihm wurden dabei Fußfesseln angelegt – sorgte für Schlagzeilen und Empörung. Die Grünen im Kreistag wollen diesen Umstand nicht ruhen lassen und haben eine entsprechende Anfrage an die Kreisverwaltung gestellt.

Die Berichterstattungen über die Ausländerbehörde und deren derzeitige Festnahme-Praxis häufen sich in den Medien, machen die Grünen in ihrer Anfrage, die direkt an Landrat Andreas Müller gerichtet ist, klar. Bei der Beantwortung der Anfrage der Linken zum Thema „Erneute Festnahmen in der Kreisausländerbehörde“ und den darin beschriebenen Anwendungen von Hand- und Fußfesseln, die „von der Ausländerbehörde in der überwiegenden Zahl der Fälle als gerechtfertigt und notwendig angesehen und nur in begründeten Ausnahmefällen auf das Anlegen von Hand- und Fußfesseln verzichtet wird“, bittet die Kreistagsfraktion der Grünen nun einige Fragen für die Ausschusssitzung zu beantworten.

Das standardmäßige Vorgehen

Hand- und Fußfesseln sind vor Abschiebungen das standardmäßige Vorgehen. Das geht aus der Antwort der Kreisverwaltung auf einer Anfrage der Linke-Fraktion hervor.

Laut Anfrage will die Fraktion der Grünen nun wissen, bei welchen Gegebenheiten die Ausländerbehörde es als gerechtfertigt und notwendig ansieht, Hand- und Fußfesseln bei Menschen anzuwenden. Ein Blick zurück: Dem aus Armenien stammenden Bad Berleburger Robert Muradyan drohte die Abschiebung, als er auf der Ausländerbehörde bei einem regulären Termin festgenommen wurde. Das Foto, das er dabei von den Fesseln an seinen Füßen machte, ging durch die Medien. Außerdem erfragt die Fraktion der Grünen in diesem Zusammenhang, in wie vielen Fällen Fußfesseln angelegt werden und ob es einen Unterschied der Behandlung zwischen Mann und Frau gibt.

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Zudem will die Fraktion geklärt wissen, wer in dem Moment der Festnahme entscheidet, ab welchem Zeitpunkt, dass Hand- und Fußfesseln angelegt werden. In der Antwort auf die Anfrage der Linken antwortete die Behörde zuletzt, dass es für Personen, denen die unmittelbar bevorstehende Abschiebung oder Ingewahrsamnahme angekündigt werde, eine Stresssituation bedeute.

Menschen können irrational reagieren

Dann, so Dezernent Thiemo Rosenthal, können Menschen auch irrational reagieren – viele seien kooperativ, andere leisteten Widerstand, drohten mit Suizid, ergriffen die Flucht – auch unauffällig erscheinende Personen. Es sei auch schon zu Angriffen auf die Beschäftigten der Kreisausländerbehörde gekommen – auch mit Waffen. Um die Maßnahme sicherzustellen sowie die betroffenen Personen und die Mitarbeitenden zu schützen, lege man „im Regelfall“ Hand- und Fußfesseln an.

Den Grünen scheint diese Antwort jedoch nicht auszureichen, wie die aktuelle Anfrage zeigt. So wollen sie auch wissen, wer die Fesseln „fachgerecht“ anlegt und ob vollkommen ausgeschlossen werden kann, dass „den Menschen durch das Anlegen körperliche Schmerzen zugefügt werden.“ Auch nach den Qualifikationen der Personen, die die Fesseln anlegen, wird gefragt.

Auch die weiterhin andauernde Kritik in der Öffentlichkeit greifen die Grünen auf: „Wie möchte sich die Kreisausländerbehörde mit der immer mehr in die Öffentlichkeit gelangenden Kritik im Umgang mit Flüchtlingen hin zu einer Willkommensbehörde entwickeln. Wie sieht das Konzept aus?“ Die entsprechende Ausschusssitzung findet die planmäßig am 7. September statt.

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