Arbeitskampf

Super-Warnstreik am Montag: Verkehr in NRW wird lahmgelegt

| Lesedauer: 9 Minuten
Super-Warnstreik legt Busse, Bahnen und Flieger still

Verdi: Die Streiks gehen weiter

Verdi und der Beamtenbund dbb fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, aber mindestens 500 Euro mehr im Monat.

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Berlin/Essen.  Montag wird es einen bundesweiten Streik der Gewerkschaften Verdi und EVG geben. Nah- und Fernverkehr wird lahmgelegt. Auch Flughäfen betroffen.

  • Ein bundesweiter Warnstreik legt am Montag den öffentlichen Verkehr in Deutschland lahm.
  • Betroffen sind Fern-, Regional-, und S-Bahn-Verkehr.
  • Verdi ruft zudem zu Arbeitsniederlegungen an mehreren Flughäfen auf.

Pendler und Reisende in ganz Deutschland müssen sich am kommenden Montag auf weitreichende Einschränkungen im Bahn-, Luft- und Nahverkehr sowie auf Wasserstraßen einstellen. Mit einem großangelegten bundesweiten Warnstreik wollen die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) sowie Verdi an dem Tag große Teile des öffentlichen Verkehrs lahmlegen, wie beide Organisationen am Donnerstag in Berlin mitteilten. „Es wird im gesamten Bundesgebiet zu starken Verzögerungen bis hin zum Erliegen der Verkehrsdienste in allen genannten Bereichen kommen“, hieß es.

Betroffen sind von der beispiellosen Warnstreik-Aktion der Fern-, Regional-, und S-Bahn-Verkehr der Deutschen Bahn sowie weiterer Eisenbahn-Unternehmen. Bei der Deutschen Bahn wird der gesamte Fernverkehr bundesweit eingestellt.

In NRW: Größtenteils kein Regional- und S-Bahn-Verkehr

„Wir erwarten massive Beeinträchtigungen“, sagte ein Bahnsprecher in Düsseldorf auf dpa-Nachfrage. Zum Streik aufgerufen seien nicht nur Lokführer in der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG), sondern etwa auch Fahrdienstleiter und Personal in Bahnhöfen, Betriebszentralen und Stellwerken. Das lege vielfach den Verkehr lahm, selbst wenn Lokführer da seien, sagte der Sprecher.

Ein Schienenersatzverkehr mit Bussen sei allein wegen des Umfangs und fehlenden Personals nicht möglich, sagte er. Fahrgäste müssten auch damit rechnen, kaum aktuelle Informationen über ausfallende Züge zu erhalten, da das Personal an Informationsschaltern oder in der Betreuung der Online-Informationsangebote der Bahn ebenfalls streike.

Fernverkehr liegt lahm: Reisende sollen Fahrt möglichst vorziehen

Für den Fernverkehr hatte die Bahn bereits am Donnerstag bundesweit angekündigt, am Montag die Fahrten einzustellen. Auch ein Notfahrplan sei nicht möglich, da sehr viele Berufsgruppen zum Streik aufgerufen seien. „Es nützt ja nichts, eine kurze Strecke mit einem Intercity oder einem ICE zu fahren, weil man einen Lokführer hat, und der Zug dann irgendwo stehen bleibt, weil das Stellwerk bestreikt wird“, sagte ein Konzernsprecher am Freitag in Berlin.

Die Bahn rät Reisenden, Fahrten möglichst vorzuziehen oder später zu fahren. Laut dem Berliner Bahnsprecher dürften die Auswirkungen des Bahnstreiks aufgrund von überlappenden Schichten schon am Sonntagabend zu spüren sein. Reisende sollten an dem nachfragestarken Sonntag lieber früher fahren und nicht gerade den letzten Zug nehmen, riet er.

Warnstreik in NRW: Auch Flughäfen streiken

Verdi ruft zudem zu Arbeitsniederlegungen an mehreren Flughäfen auf sowie im öffentlichen Nahverkehr in den Bundesländern Hessen, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg, Sachsen, Niedersachsen, Rheinland-Pfalz und Bayern.

  • Der Dortmunder Flughafen sagte wegen des geplanten Streiks den Flugbetrieb für Montag komplett ab. 46 Flugbewegungen mit rund 7000 Passagieren seien betroffen, so der Flughafen.
  • In Düsseldorf sind am Montag 330 Flugbewegungen mit rund 37 500 Passagieren geplant. Einen Großteil müssten die Airlines wegen des Streiks unter anderem der Verwaltung und des Sicherheitspersonals wohl absagen, sagte ein Flughafensprecher. Auch der Spät-Check-in am Sonntagabend falle wegen des geplanten Streiks aus. Der Streik beginne in Düsseldorf in drei Wellen um Null, drei und sechs Uhr am Montag und dauere jeweils 24 Stunden, also teils bis in den frühen Dienstagmorgen hinein.
  • Am Flughafen Köln/Bonn sind 176 Flugbewegungen - 88 Starts und 88 Landungen - geplant. Hier beginnt der Streik bereits am Sonntagabend um 22 Uhr und zieht sich in Teilbereichen ebenfalls bis in den Dienstagmorgen. Wie viele Flüge ausfallen, lasse sich am Freitag noch nicht beziffern, sagte ein Flughafensprecher. Die Airlines entschieden oft recht kurzfristig über Flugabsagen. Beim Streik in der vergangenen Woche hatte der Flughafen aber bis auf wenige Ausnahmen fast alle Flüge absagen müssen.
  • Am Frankfurter Flughafen findet am kommenden Montag kein regulärer Passagierverkehr statt. "Alle Aufgaben, die einen vollumfänglichen Flugbetrieb ermöglichen", seien aufgrund des Warnstreiks ausgesetzt, teilte die Betreibergesellschaft Fraport am Donnerstag mit.

ADAC befürchtet am Streik-Montag Stau im Ruhrgebiet und bei Köln

Am bundesweiten Warnstreiktag kommenden Montag befürchtet der ADAC für NRW schwere Verkehrsbehinderungen rund um Köln und im Ruhrgebiet. Das gilt vor allem für die A 40 zwischen Duisburg und Essen, wie der ADAC-NRW-Sprecher Thomas Müther der dpa sagte. „Die A40 gehört zu den staugeplagtesten Autobahnen in Nordrhein-Westfalen. Nirgendwo in NRW gibt es mehr Staukilometer je Autobahnkilometer als zwischen Duisburg und Essen“. Staus seien außerdem am Kölner Autobahnring auf den Autobahnen 1, 3 und 4 zu befürchten.

Müther wiederholte den Appell des ADAC an Pendler, am Montag möglichst im Homeoffice zu arbeiten. Generell zeige die regelmäßige Staubilanz, dass der Montag nach dem Samstag der stauärmste Werktag ist. Auch das gebe Hoffnung, dass ein Stau-Chaos ausbleiben könnte.

Streik startet um 0 Uhr und endet um 24 Uhr

Auf der Schiene sind neben der Deutschen Bahn laut EVG unter anderem die Bahn-Unternehmen Transdev, AKN, Osthannoversche Eisenbahnen, erixx, vlexx, eurobahn sowie Die Länderbahn betroffen. „Der ganztägige Streik beginnt in der Regel in der Nacht vom 26. auf den 27. März um 0 Uhr und endet um 24 Uhr“, teilten beide Gewerkschaften weiter mit.

Die Warnstreiks an Flughäfen betreffen den Gewerkschaften zufolge einerseits die Verhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes, zum anderen örtliche Verhandlungen für Beschäftigte der Bodenverkehrsdienste sowie die bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten der Luftsicherheit.

Mit den Aktionen erhöht Verdi den Druck für die am Montag beginnende dritte Verhandlungsrunde mit Bund und Kommunen.

Kinder müssen trotz Streik zur Schule

Trotz des großen Warnstreiks müssen Kinder und Jugendliche in Nordrhein-Westfalen am Montag zur Schule. „Am kommenden Montag findet Schule statt“, hieß es an Freitag aus dem Schulministerium. Bei vorab angekündigten Ereignissen wie einem Streik des öffentlichen Nahverkehrs und daraus eventuell resultierenden Beeinträchtigungen bestehe die Schulpflicht auch weiterhin.

Gleichwohl könne die Dimension des Streiks die Eltern „vor erhebliche organisatorische Schwierigkeiten stellen und gegebenenfalls dazu führen, dass für Schülerinnen und Schüler der Schulweg im Einzelfall faktisch unmöglich wird“, hieß es weiter. Den Schulleitungen riet das Ministerium, „in diesen Fällen mit Augenmaß vorzugehen“.

Bahn kritisiert flächendeckenden Streik im Verkehr als „grundlos und unnötig“

Die Deutsche Bahn hat den Streik im Verkehrssektor als „grundlos und unnötig“ kritisiert. Die EVG müsse sich ihrer Verantwortung stellen und „umgehend an den Verhandlungstisch zurückkehren“, erklärte Bahn-Personalvorstand Martin Seiler am Donnerstag. Die Bahn habe ein „verantwortungsvolles Angebot vorgelegt“ und sei „zu jeder Zeit gesprächsbereit“. Der nächste reguläre Verhandlungstermin Ende April sei viel zu spät.

Flughafenverband: Warnstreik trifft rund 380.000 Passagiere

Der Warnstreik wird nach Einschätzung des Flughafenverbands ADV Hunderttausende Passagiere treffen. „Rund 380.000 Geschäfts- und Privatreisende werden ihren Flug nicht antreten können“, teilte der Verband am Donnerstag der Deutschen Presse-Agentur in Berlin mit. Der ADV sprach von „Streikeskalation nach französischem Vorbild“. Ein ganzes Land werde vom internationalen Luftverkehr abgeschnitten.

Worum geht es bei den Streiks?

Hintergrund sind die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten des öffentlichen Dienstes bei Bund und Kommunen sowie die bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten der Luftsicherheit. Für beide Beschäftigtengruppen werden zurzeit Verhandlungen geführt.

„Die Beschäftigten machen mit den Streiks gemeinsam Druck auf die jeweiligen Arbeitgeber, weil in den bisherigen Verhandlungen im öffentlichen Dienst kein akzeptables Angebot unterbreitet wurde“, erklärte Andrea Becker, Landesfachbereichsleiterin von Verdi NRW.

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Was fordern die Arbeitnehmer?

Verdi und der Beamtenbund dbb fordern 10,5 Prozent mehr Einkommen, mindestens aber 500 Euro mehr im Monat. Ein Sprecher von Verdi NRW erklärte, die Streikbereitschaft sei sehr hoch. Mit dem jetzigen Einkommen sei bereits die heutige Verkehrsleistung im ÖPNV nicht zu halten, wurde Verdi-Verkehrsexperte Peter Büddicker in einer Mitteilung zitiert. Viele Beschäftigte kehrten der Branche den Rücken zu.

Was sagen die Arbeitgeber?

Die Arbeitgeber hatten bei den bundesweiten Verhandlungen für die Beschäftigten in Bund und Kommunen in Potsdam ein Angebot vorgelegt. Es umfasst unter anderem eine Entgelterhöhung von insgesamt fünf Prozent in zwei Schritten und Einmalzahlungen in Höhe von insgesamt 2500 Euro.

Wann ist die nächste Tarifrunde?

Die dritte Tarifrunde ist für den 27. bis 29. März in Potsdam geplant. Am 27. März soll die Tarifverhandlungen für die Beschäftigten in Bund und Kommunen fortgesetzt werden.

Sollte die dritte Tarifrunde Ende März keinen Durchbruch bringen, steht aus der Sicht des Verdi-Chefs Frank Werneke eine Urabstimmung über einen regulären Streik „auf der Agenda“. Bei einer Urabstimmung entscheiden die Verdi-Mitglieder, ob das Angebot abgelehnt wird und ob damit einhergehend der Arbeitskampf weitergeführt wird.

Welche Rechte habe ich als Fahrgast?

Kommt man wegen eines Streiks verspätet oder gar nicht ans Ziel, hat man nach Angaben der Verbraucherzentrale ein Recht auf Entschädigung. Dafür stellen die Deutsche Bahn und auch private Eisenbahnunternehmen ein Formular zum Herunterladen zur Verfügung. Anträge zur Entschädigung für online gekaufte Tickets können auch online, beispielsweise über die „DB Navigator“-App, gestellt werden.

(red/dpa)

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