Kolumne

Jasis Woche: Lange Fahrt mit leichtem Gepäck

| Lesedauer: 3 Minuten
Jacqueline Siepmann schreibt Jasis Woche.

Jacqueline Siepmann schreibt Jasis Woche.

Foto: Lars Heidrich / FUNKE Foto Services

Unpünktlich, bummelig oder sogar ein Totalausfall – viele meckern über die Deutsche Bahn. Unsere Kolumnistin nicht. Dafür hat sie ein paar Tipps.

Es gibt hierzulande einen neuen Sport. Er nennt sich: Nörgeln über die Deutsche Bahn. Besonders verbreitet ist er, seitdem nahezu alle aus Sparsamkeits- und (womöglich auch) Klimaschutzgründen mit dem Deutschlandticket in Regionalbahnen gemächlich durch die Gegend gondeln. In Klagewettbewerben versucht da einer den anderen zu übertrumpfen in Kategorien wie: Wer hat am längsten auf seinen Zug gewartet? Wer hat auf seiner Fahrt die größten Zumutungen erlebt? Wer ist am spätesten angekommen (wobei dieser Punkt häufig, aber nicht immer mit Kategorie 1 zusammenhängt)?

Ich selbst möchte mich an dieser Art von Wettbewerb gar nicht beteiligen, obwohl ich jetzt einen Monat lang als Deutschlandticketnutzerin unterwegs war und sofort einräume: Ja, da hat man viel zu erzählen und Adjektive wie „reibungslos“ oder „superpünktlich“ kommen da eher selten vor. Ich glaube trotzdem daran, dass dort einigermaßen entspanntes Reisen möglich ist – unter drei Grundvoraussetzungen.

Vielleicht ein Bierchen und im Zentrum des Gesprächs

Erstens: Man sollte grundsätzlich nur ohne Zeitdruck und mit der Einstellung „alles egal“ oder „Der Weg ist das Ziel“ in einen Zug einsteigen. Verabredungen, Meetings oder Kundentermine in anderen Städten, die zu festen Uhrzeiten beginnen und Pünktlichkeit voraussetzen, sind im Sinne des eigenen Nervenkostüms (und wahrscheinlich auch dem der anderen, inklusive Mitreisender und Bahnpersonal, die dann Ihre schlechte Laune ertragen müssten) besser zu vermeiden. Prinzipiell empfehlenswert ist, dass Ihre Ankunftszeit keine Rolle spielt und Sie für den Fall längerer Verzögerungen ausreichend Proviant mitführen. Wenn Sie dann nach einem längeren Aufenthalt auf einem in der Regel sitzgelegenheitsarmen Bahnsteig in die herbeigesehnte Verbindung eingestiegen sind, haben Sie aber die Gelegenheit, die Fahrt mit interessanten Rechen- und Ratespielen zu verbringen, zum Beispiel: Wenn meine Bahn am Essener Hauptbahnhof 25 Minuten Verspätung hat, wie groß ist dann die Chance, in Osnabrück bei einer regulären Umsteigezeit von 20 Minuten den geplanten Anschluss zu erreichen?

Zweitens: keine Angst vor Menschen. Die erfreuliche Resonanz auf das Deutschlandticketangebot führt naturgemäß auch zu einer hohen Nutzungsdichte, heißt: Es ist oft voll. Bisweilen sehr voll. Freitags müssen Sie überdies damit rechnen, in Gesellschaft zahlreicher, meist strapaziös gut gelaunter Kegelvereine auf Kurztrips zu reisen, die im Waggon natürlich keine zusammenhängenden Sitzplätze finden und sich deshalb zwei Stunden lang munter über Sie hinweg unterhalten. Wenn Sie Glück (oder Pech) haben, wird Ihnen dafür dann ein Prosecco oder ein Bierchen angeboten. Für den Sonntag gilt Ähnliches, weil dann alle wieder zurückmüssen und sich mit weiteren Wochenendausflüglern mischen.

Drittens: Vermeiden Sie Gepäck. Vor allem Koffer. Nehmen Sie nur so viel mit, wie in ein winziges, extrem biegsames Reisetäschchen passt, dann haben Sie nämlich die Chance, es in die Ablage über Ihnen zu quetschen. Die meisten Regionalzüge sind für sperriges Gut wie Koffer eher nicht ausgelegt, weshalb die Dinger entweder störend im Weg herumstehen oder Sie das Teil wie ein 15 Kilo schweres Schoßhündchen auf ihren Knien balancieren dürfen.

Demnächst werde ich wieder mit dem Deutschlandticket reisen. Und werde dann natürlich wieder ganz entspannt davon berichten ...

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